Ich mag kein Hack aus dem Supermarkt.
Entweder es ist Rinderhack und damit unglaublich fade (früher, da, wo ich herkomme nannten wir es „Schabefleisch“ und aßen es roh, was seit BSE natürlich nicht mehr geht) oder es ist Rind und Schwein gemischt. Immer noch fade. Man hat das Gefühl, man müsse Gewürze Handvoll dazu werfen, dass es nach irgend etwas schmeckt. Und die Konsistenz gefällt mir auch nicht, beim einen wie anderen nicht. Gebraten, und dazu kauft man es ja, hat es so etwas Krümeliges, das mit Fleisch nichts zu tun hat. Am Liebsten mag ich das, was der Hesse Schweinemett nennt (wir damals nannten es schlicht Gehacktes, das allerdings im Gegensatz zum Mett nicht vor gewürzt, aber vom Grundsatz her saftiger, fleischiger war). Das kriegt man aber nur beim Metzger, der heute nicht auf meinem Weg lag.
Also kaufte ich Bratwürste, in denen so ziemlich das Gleiche wie im Mett ist. Und weil ich heute faul war, schlich ich am Kochhelferchen-Regal vorbei und fand tatsächlich etwas, das mir helfen sollte, Gehacktes-Klößchen oder Frikadellen, wie das hier heißt, zu machen.
Nicht, dass das Selbermachen sonderlich schwer wäre: Die Würste auspellen, etwas nachwürzen, ein Ei dazu, Zwiebel kleingeschnitten, Semmelmehl (neulich warf ich noch einen Hauch gemahlenen Kümmel dazu, was sehr gut schmeckt). Und das wars dann schon.
Auf der Packung sah das aus wie Köttbullar, die ich nur vom Hörensagen kenne. Schon ewig war ich nicht mehr bei Ikea. Aber die Leute schwärmen so. Da wollte ich es halt wissen.
Die Dinger haben ganz nett, aber eben auch nicht weltbewegend geschmeckt. Nicht wie bei Muttern, aber das tun die meinen, auch wenn ich alles richtig mache, wahrscheinlich auch nicht. Ich habe den Verdacht, dass das Fleisch nicht mehr so ist wie damals.
Die ganze Zeit versuche ich schon, Ordnung in meine Wohnung zu bringen.
Nicht, dass die jetzt so furchtbar unordentlich wäre. Aber irgendwie ist da so der Gedanke an manches, was ich irgendwo sah. Ich habe das Gefühl, dass ich dem nicht gerecht werde. Als ich gestern durch meine Wohnung schlich, fiel mir trotz aller vorherigen Räumerei noch diese und jene Ungereimheit auf, die es flugs zu beseitigen galt.
Und so kruschtelte ich herum, statt den Zustand zu genießen.
Erst heute, bei dem Gedanken an irgendwas, fielen mir Bücher in die Hand, die – ich erinnere mich – vor Jahren noch über Stunden meine Aufmerksamkeit beansprucht hätten. Ich schlug sie auf, sah Bilder, die ich noch nie zu sehen geglaubt habe (Was tat ich mit den Büchern, als ich sie gekauft habe? Tat ich sie gleich in den Schrank? Früher wäre mir das nie passiert.) Und ich dachte an die grundierte Leinwand, auf der ich das erste Mal seit Langem wieder Ölfarbe ausprobiert hatte. Irgend so etwas würde da gut drauf passen, dachte ich.
Nachdem ich die Bücher durchgeblättert hatte, schienen sie schon wieder zu stören. Zurück in den Schrank?, fragte ich mich.
Und dann fiel mir ein, dass ich früher sehr viel weniger empfindlich gewesen war, was meine Umgebung anging. Da war dieses Zimmer (in dem ich gerade sitze), das ein einziges Chaos gewesen war. Ich nannte es Atelier. Und das war es auch. Eine Liege, abgedeckt, auf die ich meine fertigen Bilder zum Trocknen legte. Ein riesiger Tisch, auf dem meine Malutensilien stets griffbereit um die Staffelei herum standen. Wollte ich malen, ging ich in das Zimmer hinein. Und wenn nicht, schloss ich die Tür und alles war gut.
Jetzt ist der Raum Gästezimmer, Computerraum, Malzimmer …
Dass das Klappdingens, auf dem mein Sohn bei seinen Besuchen schläft, seit dem letzten Mal nicht zusammengeklappt wurde, merkte ich heute, ist gar nicht so schlimm.
Man könnte, dachte ich, diese Bücher, die ich beinahe vergessen hatte, dort ausbreiten, sich drauflegen und drin blättern. Man könnte diesen Raum, der inzwischen so viel ordentlicher ist, dennoch zu einem Raum der Inspiration machen. Man könnte sich auch darüber freuen, dass der unter der Staffelei, die nicht immer da steht, liegende Teppich so kunterbunt ist, dass man Farbspritzer als normal und zugehörig ansieht.
Man könnte, und das ist eine wirklich gute Nachricht, eine eventuelle kleine Unordnung als Born der Kreativität auffassen und genießen.