So ins Häusliche verbannt, treiben die Gedanken ja erstaunlichste Blüten.
Dieser Tage sah ich, was ich gerne tue, auf Arte eine Dokumentation über den BLOB. Selbiger ist schwer zu beschreiben und lässt sich weder als Tier noch als Pflanze einordnen. Ich weiß nicht, ob im Bericht dieser Begriff auftaucht, aber für mich hat er etwas Pilziges und – und das ist es, was ihn für die Wissenschaft so interessant macht – er kann, obschon Einzeller, komplexe Probleme lösen. Beim Blob geht es zunächst einmal vordergründig ums Suchen einer Futterquelle, wobei er – vor die Wahl gestellt – bestimmte Dinge bevorzugt. Er findet jedenfalls, auch über Hindernisse bzw. um Hindernisse herum, zum Futter. Und hat dabei gigantische Wachstumsraten. Es laufen sogar Versuche, in ihn elektronische Systeme einzubauen, wobei, um die gewünschten Resultate zu erzielen, man seine Prioritäten bzw. Abneigungen ausnutzt. Letztlich läuft es auf die gleichen JA/NEIN- Entscheidungen hinaus, die auch unter der Tastatur getroffen werden, auf der ich gerade schreibe.
Paul Preuss, den ich lange Zeit für einen Deutschen hielt, was (die Einleitung legt es nahe) nicht stimmt, schrieb im Jahr 1985 einen Sci-Fi-Roman, der in Deutschland mit dem Titel „Fehlfunktion“ vermarktet wurde und mich seinerzeit schwerst beeindruckte.
Es geht darin um eine (Blob-artige!) Biomasse, die in neuartige Heimcomputer eingebaut ist. Weil der – ich nenn´ihn jetzt mal so – Blob wächst, wächst auch die Leistungs- und Selbstlernfähigkeit des Computers. Was die Leute supertoll finden.
Wer das Buch noch selbst lesen möchte, sollte hier zu lesen aufhören, denn gleich spoilert es ganz gewaltig.
Natürlich trägt so eine Erfindung (Es zeigt sich wieder einmal, dass es nichts im realen Leben gibt, worüber Sci-Fi-Autoren nicht schon einmal nachgedacht hätten.) nicht über einen ganzen Roman hinweg. Es muss Probleme geben, die dann irgendwelche Wendungen und – im besten Falle – einen prima AHA-Effekt im Schlepptau ziehen.
Im Vorliegenden besteht das Problem darin, dass der Blob eben Bio ist. Bio auf eine Weise, dass es aus dem PC ausbüchst und in die User reinkriecht. Er entwickelt dabei Viren-artige Eigenschaften, die im besten Falle zu einem leichten Schnupfen führen, im schlimmsten jedoch den Weg über geistige Verwirrung zum Tode.
Der Blob ist eine Schwarmintelligenz, die erst lernen muss, wie diese neuartige Mensch-Blob-Verbindung funktioniert, ohne dem Menschen zu schaden (denn das nützt ja keinem der Beteiligten), sich bei tatsächlich Genesenen aber durchaus positiv auswirkt. Weil sie ab nun weniger bis keine charakterlichen Defekte mehr haben. Sie denken im Interesse des (Menschen)Schwarms.
Als man die Misere erkennt (Denn, Sie wissen ja: Was der Bauer nicht kennt …) und die PCs zurückruft, isses zu spät: Der Blob hat gelernt, auch von Mensch zu Mensch übertragen zu werden.
Mit einem leicht vorstellbaren Ergebnis.
Das Ganze jetzt mit Corona zusammengerührt (Denn Sie wissen ja: Es gibt nichts in der Sci-Fi-Literatur, was nicht grundsätzlich möglich wäre.), könnte bedeuten, dass nur jene schwer bis letal erkranken, die sich dem grundsätzlichen Wandel der Menschheit widersetzen. Aus welchen Gründen auch immer. Damit kann der Blob, äh, das Corona nix anfangen, weswegen er es – nicht absichtlich! – kaputt macht.
Gesetzt den Fall also, dem wäre so: Dann würde nach der weltweiten Krise, die – viele sind da sehr, sehr ängstlich – einen wirtschaftlichen Zusammenbruch nach sich ziehen könnte, eine vollkommen neue Menschheit eine vollkommen neue Welt aufbauen.
Manchmal, denke ich mir, hat Science Fiction etwas unglaublich Tröstliches.