Vielleicht habe ich ja den falschen Umgang? Vielleicht tummele ich mich auf falschen Seiten im Internet?
Keine Ahnung. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass mir in letzter Zeit eine Spur zu häufig Begrifflichkeiten wie „Diktatur“, „Faschismus“, „Unterdrückung der Freiheit/ freien Meinungsäußerung“ als Zustandsbeschreibung unserer heutigen Gesellschaft über den Weg laufen.
Einer schrieb dieser Tage „Eij, wir ham Pandemie!“, was vielleicht den Kern nicht ganz trifft. Schließlich reden wir nicht von der Spanischen Grippe, die nun wirklich eine Anzahl von zweistelligen Millionen an Menschen dahin gerafft hat. Erst einmal wurde die Situation lediglich zur Pandemie erklärt.
Aber, so sagte es ein Wissenschaftler bereits im April: „Das ist die Crux der Prävention.“ Wenn sie funktioniert, glaubt man, es ist eigentlich gar nicht so schlimm.
Und, ganz ehrlich, ich gehöre nicht zu denen, die lieber ausprobiert hätten, wohin das geht, wenn NICHT dagegen gesteuert worden wäre.
Aber lasst uns noch einmal auf die Begrifflichkeiten zurück kommen.
Wissen die Leute eigentlich noch, wovon sie reden? Aus der Komfortzone dessen heraus, der alleweil genug zu Essen, ein Dach überm Kopf und immer fließendes Wasser (auch warm) zur Verfügung hat … reden sie doch wirklich und wahrhaftig von Diktatur und Faschismus.
Am Wochenende tat ich mir eine mehrstündige Dokumentation über die Tage im April und Mai 1945 in Berlin an. Menschen, die hin- und her gerissen waren von der Not, noch irgend etwas zu beschaffen („Wir haben Wasser in Weckgläsern eingemacht für die Zeit, wenn die Leitungen nicht mehr funktionieren.“/ „Ich sagte den Menschen: „Ihr könnt das Wasser nicht mehr trinken. Bei all den herumliegenden Leichen ist das Grundwasser längst kontaminiert!“) und der Hoffnung, irgend etwas könne sich womöglich doch noch zum Guten wenden.
Menschen zwischen Überlebenswillen und Stagnation.
Und ich dachte an meinen Schwiegervater. Dessen Mutter, anno 1942 zur Kriegswitwe geworden, krampfhaft versuchte, für ihre drei Kinder das Richtige zu tun. Sie schickte ihren Sohn in eine Napola-Schule nach Berlin, von wo er – dreizehnjährig – 1945 zurück nach Hause gehen sollte, weil man die Schule auflöste.
Man stelle sich so einen Dreizehnjährigen vor. Der vielleicht sogar eine Fahrkarte hat, aber kein funktionierendes Verkehrssystem mehr vorfindet. Wie der sich über eine Strecke von über 300 Kilometern durchschlagen soll.
13 Jährige. Das sind Kinder, die heute noch oft von ihren Eltern aus der Schule abgeholt werden, als ob es keine Schulbusse gäbe. Die überhaupt von ihren Eltern in allem bewacht und behütet werden.
Aber da wird ein junger Halbwüchsiger durch ein umkämpftes Gebiet geschickt, hunderte von Kilometern, abhängig von der Hilfe anderer, die vielleicht manchmal, aber bestimmt nicht immer ihm gegenüber wohlmeinend waren.
Was macht das mit einem Menschen?
Und ich frage mich, was haben die, die heute von Diktatur, Faschismus und sofort reden, für eine Ahnung von dem, was sie da beklagen?
Ist es wirklich so grottenschlimm, eine Zeit lang nicht groß einkaufen, in Gaststätten, Kinos, Theater, Konzerte gehen zu können? (Es klagen ja noch am Wenigsten die, die Gaststätten, Kinos usf. betreiben.)
IST DIESES GANZE JAMMERN NICHT EINES AUF HOHEM NIVEAU?
Und: Wo ist da ein Ermächtigungsgesetz? Wissen die überhaupt, was das ist?