WIR FRAGEN DICH NICHT!
Ok, ich erklärs trotzdem:
Ich bin eine Synästhetikerin.
Sie wissen nicht, was das ist? Kein Problem. Ich erkläre es Ihnen.
Synästhetiker haben merkwürdige Gehirnverknüpfungen (nein, sie sind nicht irre). Ihr Gehirn verknüpft Dinge miteinander, die dem logischen Neuzeit-Denken entsprechend nicht wirklich etwas miteinander zu tun haben.
In Filmen wird das gern als so eine Art Feuerwerk von Farben und Formen dargestellt, das sehr eindrucksvoll ist.
In meiner bescheidenen Wahrnehmung (ok, ich bin jetzt nicht der wahnsinnig größte Synästhetiker) vermischen sich Zahlen und Buchstaben gern mit Farben. Was ja eigentlich eines nichts mit dem Anderen zu tun hat.
Das „E“ zum Beispiel ist glasklar blau( ein dunkles Blau) und und der Buchstabe „O“ von strahlendem Gelb. Ebenso wie die „1“.
Der Buchstabe „G“ hingegen hat so eine Farbe von Babykacke.
Uswusf.
Nicht, dass all das von irgendeinem Nutzen wäre. Aber es ist nun einmal so. Und wahrlich nicht das Schlimmste, was einem passieren kann.
Im Gegenteil merkt der Betroffene erst einmal gar nichts Besonderes. Da diese Dinge immer schon da waren, denkt er, das müsse so sein. Und wahrscheinlich auch, den Anderen ginge das ganz genauso.
Erst später merkt er, dass die Anderen das mehrheitlich ganz und gar nicht normal finden. Also, heij, was hätten das „E“ und die Farbe blau miteinander zu tun? Irgendwie sind geschriebene/ gedruckte Buchstaben ja doch meistens schwarz.
Und dann merkt der Synästhetiker, dass er nicht genauso tickt wie die anderen.
Er horcht rum, was es mit dieser Besonderheit auf sich hat und stellt fest – immerhin! – , dass er nicht allein, aber doch irgendwie keiner von Vielen ist. Weil man nie weiß, ob so eine Besonderheit etwas Gutes ist oder eher nicht, redet man nicht groß darüber.
Heute, wo mir egal ist, was die Leute denken, rede ich schon darüber. Also, wenn es sich so ergibt. Und ich bin froh, wenn – wie neulich meine junge Kollegin – jemand sagt, dass er DAS noch nicht kannte, aber es sehr interessant und sich bereichert findet. Ihre Kinder sind vier und eineinhalb Jahre alt. Und sollten sie dermaleinst merkwürdige Gedankenverbindungen zwischen Sachen herstellen, die nach allgemeinem Verständnis nicht wirklich etwas miteinander zu tun haben, weiß die Kollegin schon mal Bescheid, hat eine Bezeichnung für die Sache und macht sich keine Sorgen.
Ob und inwieweit diese S-Geschichte für mein Leben irgend eine Bedeutung hatte, vermag ich nicht zu sagen. Man könnte treffliche Mutmaßungen z.B. darüber anstellen, dass das (für mich) blaue „E“, und Blau ist meine Lieblingsfarbe, wie das „E“ der im Deutschen häufigst gebrauchte Buchstabe ist, irgend Etwas miteinander zu haben.
Man kann es aber auch lassen.