Neuerdings reden die Leute. Und zwar ganz anders als früher, wo sie sich wenig interessierten. Sie wittern Verschwörungen, Betrug und Bespitzelung. Sie reden von Chips, die man ihnen mittels Impfung einpflanzen will, und von allen möglichen Folgeschäden, die keiner zu erahnen vermag.
Und, ja, gestern, als ich wieder einmal (was ich neuerdings selten tue) öffentlich-rechtliches Fernsehen sah, kam ich mir schon auch vor wie damals in der DDR. Und ich weiß, wovon ich rede. Ich WAR da.
Andererseits: Kritisch zu denken bedeutet, vernünftig zu denken. Vielleicht, sage ich mir, ist diese sehr einseitig ausgerichtete Denkweise lediglich ein Kontrapunkt zu allem, was unsinniger Weise in die Welt gesetzt wurde, um Unsichere noch mehr zu verunsichern?
Wir wissen es nicht, auch wenn sich neuerdings jede Menge Menschen, die ganz andere Berufe gelernt und studiert haben, als totale Fachleute ausweisen. Ich selbst, gestehe ich, habe nicht die geringste Ahnung von Virologie. Was mich nicht betrübt. Denn ich verlange auch nicht, dass andere mir erklären können, was im Paragraf Dingsbums des Gesetzes Bumsdings steht und bedeutet, das wiederum ich ihnen erklären könnte.
Jeder hat seinen Job und solche, die plötzlich vom Rohrverleger zum Virologen sich entwickelt zu haben scheinen, sind entweder Genies oder aber einfach nur Hochstapler oder Polemiker, die ganz andere Ziele verfolgen als den Schutz ihrer Mitmenschen.
Meine junge Kollegin, die (kein Impfgegner, aber zweifelnd) heute (wider alle vernünftigen früheren Erwägungen) sich fragte, warum so viele Nichtfachleute politische Ämter bekleiden, die nichts oder eben nicht DAS gelernt haben, war letztlich kritischer als ihre Vorfahren, denn Politiker in bestimmten Ressorts waren noch nie Fachleuten in eben diesem Ressort. Dafür haben sie ihren Beraterstab. Immer schon gehabt. Die Frage ist also nicht, warum es so ist, wie es immer schon war, sondern, warum plötzlich hinterfragt wird, was immer schon so war.
Meine Kollegin, der ich ca. eine Generation voraus bin, und die den Vorzug hat, von mir (und hoffentlich auch ich von ihr) gemocht zu werden, schwieg auf diese meine Fragestellung mehr als nur einen Moment. Und das, obwohl sie nicht auf den Mund gefallen ist.
Die Frage ist also nicht, WAS macht dieses Corona mit uns , sondern warum lassen wir uns so schnell in die Irre führen.
Heute, bei meiner Zigarettenhändlerin (ihr Kritiker schweigt fein still!) kam es drauf, dass ich erzählte, wie mein Schwager seiner Mutter (ihres Zeichens Marktfrau) mehrmals in der Woche den Wagen mit dem Gemüse über mehrere Kilometer händisch in die Stadt schob. Vor der Schule und danach. Die Verkäuferin meinte, vielleicht sei es demnächst schon wieder so weit. Und ich erwiderte, dass die heutige Jugend derlei nicht mehr auf die Reihe bekäme.
Ich wage zu behaupten, dass – egal, ob jugendlich oder nicht – viele Heutige nicht mehr bereit oder in der Lage sind, Konsequenzen ihres Handelns für sich und andere zu überschauen und auszuhalten. Es scheint in Mode gekommen, immerfort zu jammern. Und auch der Schrei nach Freiheit, vollkommen unreflektiert, belegt, dass Menschen weder nachdenken, noch bereit sind, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
Ist das jetzt böse oder übereinstimmend mit den Psychologen, die da behaupten, dass wir unseren Kindern (bei mir eher: Kindeskindern) keinen Gefallen tun, wenn wir sie überbehüten? Die Lasten nämlich, die wir ihnen abnehmen, wird ihnen im wahren, echten Erwachsenenleben keiner abnehmen.
Aber das nur am Rande.