Kennen Sie das auch?
Ab einem bestimmten Alter scheinen die Leute von einem zu erwarten, dass man im Gehirn nachlässt. Was sicherlich auch stimmt. Aber sie schmieren es einem zuweilen in den völlig falschen Momenten aufs Butterbrot.
Es ist nämlich ein Unterschied, ob man, was schon in Vierzigern oder Fünfzigern beginnen kann, einzelner Namen oder Begriffe nicht sofort habhaft wird oder komplexe Zusammenhänge vergisst. Letzteres habe ich noch ganz gut im Griff.
Meine Tochter zum Beispiel erwähnt gerne und m.E. ziemlich oft: „Das hast du mir schon erzählt, Mutti.“ Nachsichtig zwar, aber doch auch mit leichtem Vorwurf, der im Übrigen für sich steht und nicht weiter vertieft wird, dennoch mir vor Augen hält: Ah, jetzt ist es bei dir also auch soweit.
Dabei weiß ich meist sehr wohl, DASS ich das schon irgendwem erzählt habe, merke mir aber im Detail nicht, wem. Oder aber ich will die Fortsetzung von irgendetwas berichten, bin mir aber nicht sicher, ob Kind sich nun gerade diese Unwichtigkeit aus meinem Leben gemerkt hat.
Denn es gibt da ja auch noch diese Art quasi absichtliche Vergesslichkeit. Weil man diese oder jene Geschichte fürs Eigene so ganz und vollkommen für verzichtbar hält. Beispielsweise die regelmäßigen Berichte meiner ehemaligen Kollegin über irgendwelche Menschen aus ihrem Ort, von denen ich nie zuvor hörte und von denen ich höchstwahrscheinlich auch nie wieder hören werde, die – stell dir bloß vor! – diese oder jene Furchtbarkeit gesagt, getan haben.
Ich hatte es noch nie so mit Tratsch. Warum also soll ich mir merken, was fremde Menschen getan und/oder gesagt haben?
Halten Sie das für ignorant?
ICH halte das für eine Art gesunder Geisteshygiene, die übrigens nichts mit dem Alter zu tun hat. Ich tat das schon immer: Vergessen, was nicht wichtig ist. Und räume dabei ein, dass dies – natürlich! – Sachen sind, die für mich(!) nicht wichtig sind, dies für andere sehr wohl sein können.
Aber dass meine Tochter denkt, ich verblöde langsam, finde ich schon ziemlich fies.