Als ich neu ins Netz kam (1999), hatte ich sehr schnell die dortigen Rechtschreibregeln verinnerlicht und für gut befunden:
Die Kommunikation so von „User“ zu User findet via Kleinschreibung statt.
Nur Texte, z.B. Blogs, werden weiterhin nach den herkömmlichen Regeln geschrieben.
Eine Tücke gabs dann noch nach der neuen Rechtschreibung. Die beherrschte und beherrsche ich bis zum heutigen Tage nicht wirklich. Weil es aber den anderen nicht anders geht, gabs da wenig zu mäkeln. Eine Zeit lang und z.T. bis heute macht/e da jeder so ein bisschen, was er für richtig befand. (Hätte jetzt dieses „Jeder“ groß geschrieben werden müssen?)
Ich weiß nicht, ob ich mit Erstzugriff 1999 zu den Pionieren des Netzes gehöre. Vermutlich eher nicht. Dennoch machte ich weit jenseits der 2000er die Beobachtung, dass die Menge der Neuzugänge im Netz die alten Regeln nicht mehr beherrschte. Gerne klagten sie über die Kleinschreibung in den Kommentaren und nahmen sie – besonders bei Streitgesprächen – als Argument für den Mangel an Bildung. Wohingegen ich ja der Meinung bin, dass es weniger Mangel als Ausdruck von Bildung ist, sich einem neuen Milieu anpassen zu können.
Aber egal. Da waren sie nun die Großschreibexperten und schrieben mit einem Mal (aber vielleicht taten sie persönlich das immer schon so) alles groß, was ihnen unter die Finger kam: Verben(Tuwörter) und Adjektive(Eigenschaftswörter) inklusive. Dabei ist es Schulstoff der ersten Klassen, dass und wann die Dinge klein und groß geschrieben werden. Verben und Adjektive jedenfalls klein. Es sei denn, wir reden von Substantivierungen, also der Hauptwortbildung aus einem Verb oder Adjektiv. Hatten die Schreiber, die ja doch selbst so sehr auf Groß- und Kleinschreibung beharren, zu viele von diesen Substantivierungen gesehen?
Und dennoch (auch das hatten wir ja sehr früh gelernt) ist es ein Unterschied, ob meine Freunde lachen oder ich jemandes Lachen schön finde, ob ich ein paar rote Schuhe trage oder die Farbe Rot am meisten mag. Hier besteht (wie übrigens auch beim „das“ oder „dass“) der Unterschied darin, ob ein „der,die,das“ (dieses, jenes, welches) dazu passt oder nicht.
Die neue Rechtschreibung beschenkte uns übrigens auch mit dem Wegfall etlicher Kommata (über die Mehrzahlbildung bei Worten fremdsprachiger Herkunft reden wir ein anderes Mal; bei manchen Dingen ist die Einzahl auch durchaus verzichtbar, denn wer z.B. begnügt sich mit nur einem Spaghetto?), was jedoch nicht gleichbedeutend damit ist, dass nun keinerlei Kommas mehr gesetzt werden. Auch wenn man bei manchen Schreibern diesen Eindruck gewinnen könnte. Schließlich hat so ein Komma ja doch sehr einen Sinn. Manches nicht gesetzte Komma führt zu arger Verwirrung, manches falsch gesetzte auch.
„Der Mann sagt, die Frau ist das schwächere Geschlecht.“
„Der Mann, sagt die Frau, ist das schwächere Geschlecht.“
Kommas sind also kein Snobismus oder Luxus, sondern eine Notwendigkeit, die sich in der langen Entwicklung unserer Sprache als äußerst nützlich erwiesen haben.
Es kann schon sein, dass ich, die gerne Sätze mit einem Semikolon teile, Züge von Snobismus habe, aber jedenfalls ist ein Semikolon besser als gar kein Satzzeichen und durchgängige Kleinschreibung in Kommentaren finde ich dann immer noch besser als falsche Großschreibung.
Denn merke: nicht alles, was mir die Autokorrektur vorschlägt, entspricht dem, was ich sagen wollte.
Das Komma ist oft sinnstiftend, wie dein Beispiel zeigt. Ebenso hier:
Heinz, mein Bruder und ich, wir fahren nach Köln. (drei fahren)
Heinz, mein Bruder, und ich, wir fahren nach Köln. (zwei fahren)
LikeGefällt 2 Personen